Caritas Altenhilfe fordert Lockerungen für Alltagsnormalität in Pflegeeinrichtungen
"Die Menschen in unseren Senioreneinrichtungen sind aus Gründen des Infektionsschutzes seit Monaten stark in ihren Bedürfnissen nach einem selbstbestimmten Alltag und sozialer Teilhabe eingeschränkt. Wir merken sehr deutlich, dass die Einschränkungen dieser Grundbedürfnisse psychosoziale Gesundheitsbeeinträchtigungen zur Folge haben und müssen zur Normalität zurückkehren", fordert Bärbel Arwe, Geschäftsführerin der Caritas Altenhilfe. Für seine stationären Einrichtungen Kardinal Bengsch in Charlottenburg und Franz-Jordan-Stift in Reinickendorf hat der Träger einrichtungsspezifische Lockerungskonzepte entwickelt, die eine neue Bewertung der aktuell geltenden Maßnahmen zum Infektionsschutz von Bewohnern und Mitarbeitern im Rahmen einer Modellphase vorsehen. Wie bereits Anfang Februar öffentlich angekündigt, tritt Arwe nun mit ihrem Anliegen an die Amtsärzte der zuständigen Gesundheitsämter und an die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung heran und will kurzfristig einen Diskurs mit den Entscheidungsträgern initiieren. Dabei bezieht sie sich auch auf die nachdrückliche Empfehlung des Deutschen Ethikrates am 04.02.2021, die geltenden Ein- und Beschränkungen von Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten für Menschen, die in stationären Pflegeeinrichtungen leben und ein Impfangebot wahrnehmen konnten, schnellstmöglich aufzuheben.
Beratend zur Seite steht den beiden Modelleinrichtungen der Virologe und Mikrobiologe Prof. Dr. Dr. Alexander Kekulé. Dabei geht es vor allem um eine Risikoabwägung und eine angepasste und sinnhafte Interpretation der Schutzmaßnahmen für Menschen mit Corona-Schutzimpfung und Menschen, die das Impfangebot nicht angenommen haben. In den beiden Einrichtungen liegt die Impfquote derzeit bei über 90%, sowohl bei den Bewohnerinnen und Bewohnern als auch beim Personal. "Kurzgefasst geht es darum für die Menschen, die in den Einrichtungen leben und arbeiten, den Kontakt zueinander wieder ohne Einschränkungen möglich zu machen. Eigentlich geht es um Selbstverständlichkeiten", erklärt Arwe. "Das von vielen Bewohnern wirklich geschätzte gemeinsame Mittagessen im Speisesaal, die Bingogruppe oder die Gymnastikgruppe, bei der man auch Bewohner von anderen Etagen wieder trifft. Für die Mitarbeitenden die gemeinsame Pause oder eine Teambesprechung, damit alltägliche Informationen wieder gut fließen und man Stimmungen und Erlebnisse wieder miteinander teilt."
Auf Basis der hohen Impfquote geht der Träger davon aus, dass die Menschen in den Einrichtungen im Kontakt zueinander geschützt sind. Das Risiko eines schweren oder lebensbedrohlichen Krankheitsverlaufes einer Erkrankung mit Covid-19 bei geimpften Personen ist durch die Schutzimpfung gegen das Coronavirus stark minimiert und entspricht einem üblichen Lebensrisiko. Den Bewohnern und Mitarbeitern ohne Impfung empfiehlt der Träger, die geltenden Schutzmaßnahmen, wie das Tragen einer FFP-2-Maske zum Selbstschutz, weiter einzuhalten. Hier setzt der Träger auf eine selbstverantwortliche Risikoabwägung nach Beratung.
Bärbel Arwe betont: "Es ist uns sehr wichtig, mit den Verantwortlichen aus der Politik und den Gesundheits- und Aufsichtsbehörden im engen Austausch bzgl. der denkbaren Lockerung der Verhaltensregeln zu sein. Ebenso liegt unser Augenmerk darauf, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch die Angehörigen oder Betreuungspersonen unserer Bewohner einzubeziehen." Es gibt auch noch Fragen, die zu klären sind. Beispielsweise sollte den Pflegebedürftigen, die neu in eine Pflegeeinrichtung einziehen, vor Einzug ein Impfangebot zur Verfügung stehen. Bei Krankenhausentlassungen wäre es vielleicht denkbar, dies im Entlassungsmanagement zu berücksichtigen. Bei Menschen, die aus der Häuslichkeit kommen, könnten Timeslots in den Impfzentren vorenthalten sein. Aktuell bestehen dort mehrwöchige Wartezeiten auf einen Impftermin. "Selbstbestimmung, Alltagsnormalität, soziale Teilhabe - das wird in einer weitestgehend uneingeschränkten Form nur möglich sein, wenn sich der Infektionsschutz durch eine hohe Impfquote aufrechterhalten lässt", so Arwe.