Caritas Altenhilfe fordert Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht
"Ich fühle mich, als säßen wir alle in einem vollbesetzten Bus und rasen mit Vollgas auf eine rote Ampel zu, in dem Wissen, dass die Bremsen versagen werden", beschreibt Geschäftsführerin Bärbel Arwe die gegenwärtige Situation.
Am 16.12.21 wurde auf Bundesebene die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen und tritt ab dem 16.03.22 in Kraft. Das bedeutet, alle in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen tätigen Personen müssen bis zum 15.03.22 einen gültigen Immunitätsnachweis oder ein ärztliches Attest über eine Kontraindikation zur Impfung beim Arbeitgeber vorlegen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das nicht können, droht ab dem 16.03.22 ein Zutritts- und damit in den meisten Fällen einhergehendes Beschäftigungsverbot. "Klarheit haben wir dazu noch nicht, da der Worst Case, nämlich ein Beschäftigungsverbot, im Gesetz als "Kann-Szenario" beschrieben ist, über das das jeweils zuständige Gesundheitsamt zu entscheiden hat", erklärt Arwe. "Das vom Bundesministerium für Gesundheit am 01.02.22 verkündete Entgegenkommen zur Vermeidung von Versorgungsengpässen ist also nur die Wiedergabe des Interpretationsspielraumes, welches das Gesetz schon beinhaltet. Die Unklarheit bleibt auf allen Ebenen," kritisiert sie.
In den Einrichtungen der Caritas Altenhilfe mit häuslicher Pflege, Tagespflege, Kurzzeitpflege und stationärer Pflege werden jetzt die Dienstpläne für März geschrieben. Ein großes Fragezeichen besteht bei allen Führungskräften für die zweite Märzhälfte. Mit welcher Personaldecke kann geplant werden? Die Coronavirusvariante Omikron macht auch vor den Pflegeeinrichtungen nicht halt, laufende quarantänebedingte Personalausfälle stehen auf der Tagesordnung. In der Regel fallen die betroffenen Mitarbeiter 10 Tage aus. Hinzu kommen Krankheitsausfälle, bedingt durch die Herausforderungen und Belastungen von 23 Monaten Pandemie und jahreszeitübliche Erkrankungen. "Die personelle Situation ist jetzt schon über die Maßen angespannt. Wir können auf keinen einzelnen Mitarbeiter verzichten und brauchen alle Kräfte, um unsere Klientinnen und Klienten in unseren Einrichtungen oder in ihrem Zuhause weiter bedarfsgerecht in guter fachlicher Qualität und zugewandt zu unterstützen", mahnt Arwe.
In der Caritas Altenhilfe in Berlin, Brandenburg und Vorpommern versorgen insgesamt 1.680 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund 5.000 ältere Menschen mit unterschiedlichen Hilfe- und Pflegebedarfen. Geschäftsführerin Bärbel Arwe sieht die Versorgung vieler Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, gefährdet: "Wir haben in unseren Einrichtungen eine durchschnittliche Impfquote von 90%. Während wir in Berlin und Brandenburg Impfquoten von bis zu 100% haben, liegt sie in unseren Einrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich niedriger bei 70%. Wenn die Gesundheitsämter ab dem 16.03.22 die einrichtungsbezogene Impfpflicht scharf durchsetzen und Beschäftigungsverbote aussprechen, müssen wir damit rechnen, dass uns 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen. Ich kann aber auf keinen Einzelnen und keine Einzelne mehr verzichten. Und den bleibenden Kolleginnen und Kollegen kann ich nicht noch mehr Leistung abverlangen. Das kann ich auch in meiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin gar nicht mehr vertreten.
"Wir haben in der Caritas Altenhilfe von Beginn an die Impfstrategie der Bundesregierung unterstützt. Haben informiert, aufgeklärt, Impfangebote organisiert, Gespräche geführt. Die meisten Mitarbeiter*innen haben das Impfangebot auch angenommen", betont Bärbel Arwe. Die Impfung ist für die Klientinnen und Klienten sowie die Mitarbeitenden zum Selbstschutz wichtig und wirkt. Die Impfpflicht für Beschäftigte hat daneben das Ziel, das Übertragungsrisiko von Infektionen auf die vulnerablen Menschen zu vermeiden. Die derzeit zugelassenen Impfstoffe schaffen das lt. den Erfahrungen in den Einrichtungen der Caritas Altenhilfe in der aktuellen Omikron-Welle nicht. "Eine Impfpflicht schießt damit am Ziel vorbei", sagt Arwe. "In dem seit Jahren bestehenden Pflegenotstand in der Branche ist es nicht gerechtfertigt, an den Berufsgruppen in der Pflege mit der Impfpflicht ein Exempel dafür zu statuieren, was wir als Gesamtgesellschaft nicht hinbekommen. Da muss uns etwas Besseres einfallen."
Die Caritas Altenhilfe betreibt in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern an 39 Standorten Angebote des Servicewohnens, der ambulanten, vollstationären, Tages- und Kurzzeitpflege für ältere Menschen.