Ein Raum für das Kreuz - Kein Osterfest ohne Kreuzweg
Ostersamstag? Feiern? Solche oder ähnliche Gespräche bekomme ich im Laufe der Karwoche immer wieder zu hören und jedes Mal versetzen sie mir einen Stich. Gleiches gilt für Menschen, die mir nach einem Trauerfall vermeintlich ermutigend auf die Schulter klopfen und sagen: "Darüber wirst du schon hinwegkommen" oder "Die Zeit heilt alle Wunden" Aussprüche dieser Art zeugen von einem großen Unverständnis. Es gibt keinen Raum für Trauer, für Schmerz, für Leiden. Kurzum, es scheint in diesen Situationen, als gäbe es keinen Platz im Leben für das Kreuz. Viele von uns aber werden es erlebt haben - Das Kreuz schafft sich seinen Platz und wo noch keiner frei war, da bricht es sich Bahn. Manchmal können wir uns darauf vorbereiten, manchmal aber trifft es uns völlig überraschend. Unser ganz persönlicher Kreuzweg beginnt.
Doch schauen wir auf den Kreuzweg Jesu wird klar, die Erfahrung des Kreuzes ist notwendige Bedingung dafür, dass es Ostern werden kann: Am Palmsonntag zieht Jesus in Jerusalem ein. Die Menschen jubeln ihm zu, sind begeistert. Himmel und Menschen sind auf den Beinen. Es tobt das Leben. Wer denkt da schon an das Kreuz und seine Folgen? Doch wie schnell wendet sich die Stimmung, bricht eben dieses Kreuz ein ins Leben, wird aus dem Feierzug ein qualvoller Leidensweg? Karfreitag stirbt Jesus. Seine Freunde mussten alles mitansehen. Er wird begraben. Es ist Karsamstag. Die Freunde Jesu plagen sich mit Zweifeln, mit bohrenden Fragen, können nicht begreifen, was sie da erlebt haben. Wie ähnlich ist ihre Gefühlslage der unsrigen im Augenblick der Katastrophe? Ihrem Leiden und der Trauer gehört nun diese Zeit. Sie kommen nicht "darüber hinweg". Sie lassen ihre Verzweiflung zu, suchen die Gemeinschaft, geben dem Kreuz seinen
Raum und dieses Kreuz bleibt wie jedes unserer eigenen Kreuze bestehen. Es ist unübersehbar. Das Leben gestaltet sich ab sofort völlig anders als bisher. Die Zeit heilt diese Wunde nicht, sondern sie wird zur persönlichen Wegmarke des Lebens.
Es kommt der Ostertag. Jesus erschließt einen neuen Raum, der über unser irdisches Leben und über den Tod hinausweist. Eine neue Perspektive, die wir uns nur schwierig vorstellen können. Er ist auferstanden. Das Leben wandelt sich. Im Evangelium heißt es einmal, als Jesus versucht seine Freunde auf die Geschehnisse der Karwoche vorzubereiten:
"Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin."
Wir möchten Sie einladen, die Karwoche in diesem Jahr einmal sehr bewusst zu gestalten, jedem Schritt des Weges Jesu nachzuspüren und somit auch den Wegmarken ihres ganz eigenen Kreuzwegs ihren Raum zu lassen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen gleichzeitig auch ein wohltuendes, hoffnungsvolles und gesegnetes Osterfest!